Der letzte Blog-Eintrag dieses Jahres wird meiner einwöchigen Reisen in den Norden von Spanien gewidmet. Diese Region hatte ich schon länger auf dem Schirm. Und so bin ich, zusammen mit einem langjährigen Foto-Kollegen, Mitte Oktober in diese Region gereist. Nach dem zweistündigen Flug nach Bilbao konnten wir unkompliziert unseren Mietwagen in Empfang nehmen. Dieser sollte uns, während unseres Aufenthaltes auf spanischem Boden, treu begleiten und zuverlässig an der Nordküste entlang führen. Wir hatten drei Unterkünfte gebucht, die sich entlang unserer geplanten Route durch das Baskenland, Kantabrien und Asturien befanden. Um die begrenzte Zeit an der sogenannten «Grünen Küste» optimal auskosten zu können, bedienen wir uns unserer bereits zu Hause erstellten Planung. Für einen Foto-Trip erachte ich dies als ziemlich zentral, gerade wenn man ein Land oder eine Region das erste Mal überhaupt besucht. Wir haben einige Foto-Spots vorgängig virtuell auskundschaftet, die sich für die jeweilige Tageszeit, sei es Sonnenaufgang oder -untergang, gut für ein Bild eignen würden. Natürlich wollen wir flexibel bleiben und nicht starr einem pfannenfertigen Rezept Folge leisten. Je nach Wetter oder Lichtstimmung kann es sich lohnen, vom eigentlichen Plan abzuweichen und einen anderen Ort aufzusuchen. Oder man entdeckt ganz spontan ein lohnenswertes Motiv.
Neben den Zeiten für Sonnenaufgang und -untergang, die wir im Hinterkopf haben, beschäftigt uns an diesen Tagen zusätzlich ein anderes Naturschauspiel: das Spiel mit Ebbe und Flut. Der Tidenhub, also der Höhenunterschied zwischen Hochwasser und Niedrigwasser, beträgt an der spanischen Nordküste gut und gerne zwischen 3 und 4 Metern. Dieser Umstand hat einen immensen Einfluss auf unsere fotografischen Vorhaben. Die interessanten Felsformationen, die teilweise wie Sägezähne aus der Erde ragen und wie an einen mächtigen Rücken eines Drachen erinnern, wirken je nach Wasserstand ganz anders – oder verschwinden gar komplett in den Fluten. Wir halten also stets ein Auge auf die Gezeiten. Es gilt hier eben auch, die Naturgewalt nicht zu unterschätzen. So besuchen wir unter anderem eine kleine Höhle an einem steinigen Strand, welche bei Hochwasser geflutet wird. Bei Ebbe lässt sie sich betreten und setzt einen pittoresken Felsen, der ausserhalb der Höhle nahe am Wasser liegt, gekonnt in einen Rahmen. Wir behalten die Uhrzeit also minutiös im Auge, um trockenen Fusses zu bleiben. Es ist allgemein spannend zu beobachten, wie schnell sich die Gegebenheiten ändern.
Während den 7 Tagen wird es uns nicht langweilig. An unterschiedlichen Wetterbedingungen mangelt es nicht. So erleben wir schöne Wolkenstimmungen und malerische Sonnenauf- und -untergänge. Ein Tag bleibt mir aber besonders in Erinnerung. Wir erleben einen kräftigen Wind, der uns nur so um die Ohren peitscht. Der Atlantik zeigt sich da von seiner stürmischen Seite – es donnert dumpf und bedrohlich, wenn die hohen Wellen an die Felsen krachen. Eine unheimliche Kraft wird freigesetzt und wir sind froh, Abstand zur Szenerie zu haben. Zeitweise regnet es, und wir werden von der Seite her durchnässt. Es liegt ein salziger Geschmack in der Luft. Die Bedingungen sind rau, aber es macht unheimlich Spass, dem Wetter zu trotzen und die Stimmungen einzufangen. Ich liebe es, die Launen der Natur mitzuerleben; in solchen Momenten entstehen die eindrücklichsten Bilder. Beim Betrachten der Fotos am heimischen Computer fühlt man sich darüber hinaus wieder ans wilde Meer zurückversetzt – ein schönes und eindrückliches Gefühl.
Viele der Orte, die wir besuchen, haben wir für uns alleine. Die Gegenden scheinen vom Massentourismus weitgehend noch nicht eingenommen worden zu sein. Auch sind an den Stränden weniger Leute zugegen, da die Temperaturen Mitte Oktober auch nicht mehr für ein Bad einladen. Es ist nicht mehr Hochsaison. Alles in allem haben wir eine tolle Zeit an der spanischen Nordküste verbracht. Es lohnt sich sicherlich, wieder zurückzukommen, weitere Orte zu erkunden und noch tiefer in die Gegend einzutauchen. Ich mag es einfach, Wasser in seiner Bewegung zu fotografieren. Es gibt fast nichts Schöneres, als mit dem fliessenden Wasser zu «spielen», wenn es sich über die Felsen schmiegt und wieder zurückfliesst. Jede Welle verhält sich individuell und ergibt ein anderes Bild – es fällt mir jeweils schwer, mich von der Szene loszureissen. Das macht für mich die Landschaftsfotografie auch aus: den «Flow» leben und geniessen, die Zeit vergessen und vom Alltag Abstand nehmen.