Im Sommer 2018 habe ich mich zum ersten Mal mit der Milchstrassen-Fotografie auseinandergesetzt. Da wurde mir wortwörtlich vor Augen geführt, wie viele Sterne eigentlich sichtbar sind, wenn man sich an Orten aufhält, wo die Umgebungslichter bzw. die Lichtverschmutzung nicht überhandnehmen. Selbst in ländlicheren Gebieten und auch in den Bergen in Europa, wird es in der heutigen Zeit nicht mehr komplett dunkel. Man sieht so nur einen Bruchteil der eigentlich über unseren Köpfen funkelnden Himmelskörper. Die Lichter machen nicht halt an der jeweiligen Stadtgrenze; sie verbreiten sich mühelos in die Atmosphäre und erhellen auch die umliegenden Gebiete. In den Schweizer Alpen wird es zwar dunkler als z.B. im Mittelland, eine natürliche Dunkelheit wird aber auch dort nicht mehr erreicht. Dazu braucht es dann einen Aufenthalt in Afrika oder man schickt sich gleich selber in die Wüste … (welch Wortspiel)
Die Astrofotografie hat mich zwar schon immer fasziniert und ich hatte sie bei Exkursionen oft im Hinterkopf; selber Hand an das Thema angelegt habe ich in den letzten paar Jahren aber kaum. Diesen Sommer habe ich mir aber vorgenommen, mich tiefer mit der Materie zu befassen und mich etwas mehr reinzuknien.
Die Planung
Vorbereitung ist bei der Milchstrassen-Fotografie die halbe Miete. Diverse Webseiten und Apps helfen ungemein bei der Planung des nächtlichen Foto-Shootings. Wie angesprochen, sollten die Lichtemissionen möglichst geringgehalten und ein dunkler Ort aufgesucht werden. Dazu eignet sich beispielsweise lightpollutionmap.info. Die roten und gelben Bereiche kann man sich grundsätzlich schenken, interessant wird es da in den blauen Zonen. In der Schweiz gibt es da glücklicherweise eine grössere Auswahl, als in anderen europäischen Ländern. Die Anreise an geeignete Orte fällt für mich somit nicht allzu lange aus und lohnt sich auch bei nur einer Übernachtung.
Der optische spannendste Teil der Milchstrasse ist das «Galaktische Zentrum», mit der dichtesten Ansammlung von Sternen. Dieses ist in unseren Breitengraden in der Sommerzeit sichtbar. Es empfiehlt sich daher, das Augenmerk auf die Monate zwischen März und Oktober zu legen. Während zu Beginn der «Saison» die Milchstrasse flach am Himmel liegt, zeigt sie sich im Hochsommer bereits sehr steil.
Neben der städtischen Lichtverschmutzung muss auch der Mond in die Planung miteinbezogen werden, da sich dieser natürlich auch auf die Sichtbarkeit des Sternenhimmels auswirkt. Die Nächte um Neumond sind hier zu bevorzugen. Ein wenig Licht der Mondsichel im Rücken kann sich sogar positiv auf das Foto auswirken, da die Landschaft/Umgebung dadurch sanft aufgehellt wird und nicht komplett in der Dunkelheit der Nacht untergeht.
Die Milchstrasse zeigt sich zudem am südlichen Himmel, was bei der Aufnahme ebenso nicht ausser Acht gelassen werden darf. Zu guter Letzt sollte man sich dem Wetterbericht widmen. Auch wenn alle anderen Voraussetzungen mit einem grünen Haken versehen sind, können dicke Wolken einen Strich durch die Rechnung machen und den Blick auf die Milchstrasse verwehren.
Für all diese Dinge gibt es nützliche Apps, welche die Arrangierung erleichtern. Ich verwende PhotoPills oder Planit Pro. Beide Apps lassen sich hervorragend für die Planung nutzen. Bereits von zu Hause aus lässt sich so ermitteln, an welchem Ort und zu welchem Zeitpunkt die Milchstrasse über einem gewünschten Berg, See, oder sonstigem Objekt zu liegen kommt. Der Blindlflug vor Ort in der Dunkelheit wird so nicht eintreten und man überlässt eine erfolgreiche Aufnahme nicht dem Zufall.
Die Technik
Ein stabiles Stativ und eine manuell konfigurierbare Kamera gehören ins Gepäck. In der Dunkelheit funktionieren Autofokus und Belichtungsautomatik der Kamera nicht zuverlässig. Es empfiehlt sich daher, im manuellen Modus zu arbeiten und die Einstellungen händisch vorzunehmen. Entweder fokussiert man auf den hellsten Himmelskörper, oder man setzt den Autofokus auf unendlich, um scharfe Fotos zu erhalten. Die Belichtungszeit spielt eine zentrale Rolle. Wegen der Erdrotation lässt sich für ein Einzelbild nicht unendlich lange belichten. Wählt man eine Zeit über 30 Sekunden, erscheinen die Sterne nicht mehr als Punkte, sondern als Strichspuren. Wir müssen daher eine offene Blende wählen (z.B. F2.8) und eine höhere ISO-Empfindlichkeit (z.B. 3200-6400) in Kauf nehmen. Somit entsteht ein korrekt belichtetes Bild. Das ISO-Rauschen kann dann zu Hause in der Nachbearbeitung so gut es geht reduziert werden.
Möchte man es professioneller angehen lassen, kann mit einer Nachführung (Star Tracker) gearbeitet werden. Diese werden auf ein Stativ geschraubt und gleichen mit einem Motor die Erdrotation aus. Es können also längere Belichtungszeiten genutzt und der ISO-Wert heruntergeschraubt werden. Eine weitere Möglichkeit stellt das Stacking dar. Hier werden mehrere direkt nacheinander aufgenommene Bilder zusammengerechnet. Das Rauschen taucht eben nicht immer an denselben Orten im Bild auf; es wird durch mehrere Aufnahmen somit gemittelt und reduziert.
Auch in der Nacht sollten die Gesetze der Landschaftfotografie nicht ignoriert werden. Das heisst, eine ansprechende Bildkomposition wertet die Aufnahme massiv auf. Ein fotogener Vordergrund, wie ein Bergsee, ein Baum oder ein Zelt, geben dem Foto das gewisse Etwas. Hier kommt dann eine weitere Herausforderung auf uns zu: der Sternenhimmel ist häufig heller, als der eigentliche Vordergrund. Dieser säuft bei Dunkelheit oft komplett schwarz ab, während der Himmel korrekt belichtet wird. Um diesem Umstand entgegenzuwirken, kann man sich wieder unterschiedlichen Herangehensweisen bedienen. Wie bereits beschrieben, kann das Mondlicht helfen, die Landschaft etwas aufzuhellen. Man kann auch eine externe Lichtquelle bzw. eine Taschenlampe benutzen, um ein Objekt (Baum, Haus oder Zelt) auszuleuchten. Ebenfalls ist es möglich, für den Himmel und den Vordergrund zwei getrennte Fotos aufzunehmen. Der Himmel wird beispielsweise mit 20 Sekunden belichtet und der Vordergrund wesentlich länger mit 2-3 Minuten, da er ja dunkler ist. Wir können die Fotos in der Nachbearbeitung dann zusammensetzen (Composing) und erhalten dadurch ein fertiges Bild, das einen korrekt belichteten Himmel und Vordergrund beinhaltet.
Das Fazit
Wie man sehen kann, ist das Fotografieren des Sternenhimmels nicht ganz trivial. Mir macht dieses Genre der Fotografie jedoch grossen Spass – es eröffnet einem eine ganz neue Welt. Auch die damit einhergehenden Erlebnisse, sei es das Campieren im Zelt, die nächtliche Ruhe, oder auch nur das Betrachten und Geniessen der Milchstrasse von blossen Auge, lohnen sich alleweil. Ich werde die nächsten Jahre sicherlich wieder auf nächtliche Streifzüge gehen.